Abba Naor – ein Zeitzeuge, der in Erinnerung bleibt

Zum 74. Jahrestag der Befreiung von Ausschwitz hatten wir dieses Jahr am 04.02.2019 mit Abba Naor einen ganz besonderen Zeitzeugen zu Besuch an unserer Schule. Als Dreizehnjähriger wurde der in Litauen geborene Naor ins Ghetto Kaunas deportiert.

Später folgten Umsiedlungen ins KZ Stutthof und Außenlager des Konzentrationslagers Dachau. Am Ende des Krieges musste er in Utting schwerste Zwangsarbeit verrichten sowie den Todesmarsch überstehen. In Waakirchen wurde er schließlich von der US-Armee befreit. Heute lebt Abba Naor in Israel. Zahlreiche Male im Jahr besucht der 91-Jährige Deutschland, um Schülerinnen und Schülern seine bewegende Geschichte als jüdischer Gefangener in der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen.

Herr Naor begeisterte uns vor allem durch seinen aufgeschlossenen Umgang mit seiner traumatischen Vergangenheit, aber auch mit dem Pflichtbewusstsein, diese Erfahrungen an spätere Generationen weiterzugeben und aufzuklären. Er weckte unser Interesse, indem er offen über persönliche Erlebnisse, wie den Tod seines jüngeren Bruders, oder über Erinnerungen an seine Mutter erzählte. Gleichzeitig besitzt Herr Noar auch einen gewissen Charme, mit dem er die ganze Aula in seinen Bann zog. Weder sein Alter noch die Gefangenschaft im KZ beeinträchtigen seinen Charme und seine Lebensenergie, die er während dem vollständigen Vortrag ausstrahlte.
Bemerkenswert an Herrn Noar ist zudem die Tatsache, dass er sich nicht von dem Hass, der ihm widerfuhr, prägen ließ. So lebte er einige Jahre nach dem Krieg eine Zeitlang in München und heiratete sogar eine deutsche Frau. Man kann sagen, er wurde zu seines eigenen Glückes Schmied, indem er den Hass in etwas Positives umwandelte.
Im Anschluss seiner Erzählung gab er uns die Gelegenheit, Fragen jeglicher Art an ihn zu stellen. Die Fragen variierten: Einige waren persönlich, andere verfolgten einen informativen Hintergrund. Zum Beispiel antwortete er auf die Frage, wie er trotz seines Alters noch so gut in Form geblieben ist, mit der Gegenfrage: „Möchten Sie mit mir einen Kaffee trinken gehen?“ Durch diese Schlagfertigkeit löste Herr Noar während seiner Rede immer wieder Gelächter im Publikum hervor.

Besonders großen Applaus erhielt Naor, als er sich zum Verhältnis der Religionen untereinander äußerte. „Egal ob Christ, Moslem oder Jude – Mensch ist Mensch!“

Dieser Satz von Herrn Naor passte charakteristisch zu seinem Vortrag, denn: ihm war es nicht wichtig, jemanden zu beschuldigen, oder über Schuld zu sprechen. Nein. Herr Noar reist durch ganz Bayern und trägt seine Präsentation, die er mit Powerpointfolien und Bildern veranschaulicht, vor, damit das Bewusstsein an diese Zeit nicht in Vergessenheit gerät und eine solche Verfolgung von jeglichen Gruppen von Menschen sich nicht wiederholt. Die Entscheidung, als Zeitzeuge seine Erfahrungen zu teilen, sieht er als seine Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen an. Herr Noar gilt unser voller Respekt und unsere Anerkennung dafür.

Wer mehr über die Lebensgeschichte unseres Gastes erfahren möchte, dem sei der Kauf seiner Lebensgeschichte mit dem Titel „Ich sang für die SS“ geraten.

Albulena Zeqiraj und Selin Can (Klasse 12E)